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- | Er kommt von Padua, wo er studiert hat« – so lautete die Formel, mir der ich überall vorgestellt wurde und die mir flugs die schweigende Beobachtung meiner Standes= und Altersgenossen, | + | Er kommt von Padua, wo er studiert hat« – so lautete die Formel, mir der ich überall vorgestellt wurde und die mir flugs die schweigende Beobachtung meiner Standes= und Altersgenossen, |
- | Den Abbate Grimani sah ich nur sehr selten, obwohl er eigentlich mein Beschützer sein sollte; dagegen gewann ich engen Anschluß an Herrn von Malipiero, dem mich der Pfarrer Tosello vorgestellt hatte. Dies war ein Senator im Alter von siebzig Jahren, der mit den Staatsgeschäften nichts mehr zu tun haben wollte und in seinem Palazzo ein glückliches Leben führte; er aß gut und hatte allabendlich eine auserlesene Gesellschaft von Damen, die alle sich ihre schönen Jahre zunutze gemacht hatten, und von geistreichen Herren, die alles wußten, was in der Stadt geschah. Er war reich und unverheiratet, | + | Den Abbate |
Als der Pfarrer mir die Ehre erwies, mich Seiner Exzellenz vorzustellen, | Als der Pfarrer mir die Ehre erwies, mich Seiner Exzellenz vorzustellen, | ||
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Der Senator begriff die ganze Tragweite der von mir angeführten Gründe und fagte dem Pfarrer, er möge am nächsten Tage mit mir zum Essen kommen, und als er sah, daß ich in der Praxis noch stärker war als in der Theorie, machte er mich zu seinem täglichen Tischgenossen. | Der Senator begriff die ganze Tragweite der von mir angeführten Gründe und fagte dem Pfarrer, er möge am nächsten Tage mit mir zum Essen kommen, und als er sah, daß ich in der Praxis noch stärker war als in der Theorie, machte er mich zu seinem täglichen Tischgenossen. | ||
- | Nachdem er auf alles verzichtet hatte – nur nicht auf sein Ich – gab er sich trotz seinem Alter und seiner Gicht doch noch einer Liebesneigung hin. Er liebte ein junges Mädchen, Teresa Imer, die Tochter eines Schauspielers, | + | Nachdem er auf alles verzichtet hatte – nur nicht auf sein Ich – gab er sich trotz seinem Alter und seiner Gicht doch noch einer Liebesneigung hin. Er liebte ein junges Mädchen, Teresa Imer, die Tochter eines [[glossary: |
Welch ein Anblick für mich fünfzehnjährigen Jungen, den einzigen, den der alte Herr als schweigenden Zeugen zu diesen erotischen Szenen zuließ! Die elende Mutter lobte den Widerstand des jungen Mädchens und wagte sogar den Greis abzukanzeln, | Welch ein Anblick für mich fünfzehnjährigen Jungen, den einzigen, den der alte Herr als schweigenden Zeugen zu diesen erotischen Szenen zuließ! Die elende Mutter lobte den Widerstand des jungen Mädchens und wagte sogar den Greis abzukanzeln, | ||
Da ich doch antworten mußte, aber nicht wußte, was ich ihm sagen sollte, verfiel ich eines Tages darauf, ihm eine Heirat vorzuschlagen. Zu meinem größten Erstaunen erwiderte er mir, sie wolle ihn nicht heiraten, | Da ich doch antworten mußte, aber nicht wußte, was ich ihm sagen sollte, verfiel ich eines Tages darauf, ihm eine Heirat vorzuschlagen. Zu meinem größten Erstaunen erwiderte er mir, sie wolle ihn nicht heiraten, | ||
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Welche Rachepläne wälzte ich in meinem Herzen, als ich in einem Handspiegel sah, in was für einen Zustand der freche Priester mich versetzt hatte! Auf den Lärm, den ich schlug, lief meine Großmutter herzu, und während mein Bruder lachte, versicherte mir die gute Alte, wenn sie von den Absichten des Pfarrers nur eine Ahnung gehabt, so hätte sie sich wohl gehütet, ihn hereinzulassen. Endlich gelang es ihr, mich ein wenig zu beruhigen, indem sie mir zugab, daß der Priester die Grenzen einer erlaubten Züchtigung überschritten habe. | Welche Rachepläne wälzte ich in meinem Herzen, als ich in einem Handspiegel sah, in was für einen Zustand der freche Priester mich versetzt hatte! Auf den Lärm, den ich schlug, lief meine Großmutter herzu, und während mein Bruder lachte, versicherte mir die gute Alte, wenn sie von den Absichten des Pfarrers nur eine Ahnung gehabt, so hätte sie sich wohl gehütet, ihn hereinzulassen. Endlich gelang es ihr, mich ein wenig zu beruhigen, indem sie mir zugab, daß der Priester die Grenzen einer erlaubten Züchtigung überschritten habe. | ||
- | Entschlossen, | + | Entschlossen, |
Ich ging nach Hause, um mit meinem Bruder eine Mahlzeit einzunehmen, | Ich ging nach Hause, um mit meinem Bruder eine Mahlzeit einzunehmen, | ||
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Giulietta war achtzehn Iahre alt; ihre Haut war blendendweiß, | Giulietta war achtzehn Iahre alt; ihre Haut war blendendweiß, | ||
- | Ich war kaum eine Viertelstunde da, als das Geräusch von Ruderschlägen vom Wasser her die Ankunft des verschwenderischen Marchese verkündigte. Wir standen auf, und Herr Querini verließ eilends seinen Platz, nicht ohne ein wenig dabei zu erröten. Herr von Sanvitali, schon ein älterer Herr, der größere Reisen gemacht hatte, setzte sich neben sie, aber nicht auf das Sofa; dadurch wurde die Schöne genötigt, sich umzudrehen. Nun konnte ich auch von vorne genau betrachten, was ich bis dahin nur von der Seite hatte sehen können. Nachdem ich noch vier oder fünf Besuche bei Giulietta gemacht hatte, glaubte ich mir über ihren Wert ein hinreißendes Urteil gebildet zu haben; ich sagte daher eines Abends, als man mich in der Gesellschaft des Senators Malipiero nach ihr fragte, sie könne nur Gourmands mit abgestumpften Geschmacksnerven gefallen; denn sie besitze weder die Schönheiten der einfachen Natur, noch den Geist der feinen Gesellschaft, | + | Ich war kaum eine Viertelstunde da, als das Geräusch von [[glossary: |
Es fiel mir an Giulietta besonders auf, daß sie nur selten das Wort an mich richtete und daß sie jedesmal, wenn sie mich ansah, sich ihrer Augengläser bediente oder ihre Lider zusammenkniff, | Es fiel mir an Giulietta besonders auf, daß sie nur selten das Wort an mich richtete und daß sie jedesmal, wenn sie mich ansah, sich ihrer Augengläser bediente oder ihre Lider zusammenkniff, |
edition/conrad/004.1294596668.txt.gz · Last modified: 2011/01/09 19:11 by selfthinker